Am Freitag fuhren wir von Feldkirch ins 30 km entfernte Mulhouse, um das größte Automuseum der Welt zu besuchen.

Wer das Musée National de l’Automobile Collection Schlumpf in Mulhouse betritt, braucht vor allem zwei Dinge: gutes Schuhwerk und eine gewisse Toleranz gegenüber automobilen Reizüberflutungen. Denn ja – es gibt viele Oldtimer, sehr viele: Insgesamt 450 an der Zahl. Mit eindeutiger Gewichtung in Richtung Bugatti, die sich elegant in Reih und Glanz präsentieren wie „Haute Couture auf vier Rädern“.









Wieso denn bitte Schlumpf?
Wer jetzt an blaue Zwerge mit weißen Zipfelmützen denkt, liegt komplett daneben. 😅
Was Manchester für England war, war Mulhouse für Frankreich: ein Zentrum der Textilindustrie, geprägt vom Rhythmus der Webstühle und dem Geruch von Maschinenöl. Genau aus diesem Umfeld stammten die Brüder Fritz und Hans Schlumpf, wohlhabende Industrielle mit einer Schwäche für schöne Autos. Während draußen Baumwolle gesponnen wurde, horteten sie heimlich Bugattis in einer stillgelegten Fabrikhalle – aus Stoff wurde Stahl, aus Produktion Leidenschaft. Das erklärt nicht nur den Spitznamen „Manchester Frankreichs“, sondern auch, warum man in Mulhouse heute lieber Autos bestaunt als Stoffballen. Nach der Firmenpleite wurde die Sammlung 1977 entdeckt, enteignet und 1982 als öffentliches Museum eröffnet.
Einige interaktive Stationen (VR, Touchscreens, Fotospots) versuchen, den Bogen ins Jetzt zu schlagen. Und während Kinder im Mini-Autodrom gegen Coins ihre Runden drehen (der Automat steht strategisch klug daneben), zuckelt ein hypermoderner E-Bummelzug durch die Ausstellung – mit Live-Kommentar, allerdings ausschließlich auf Französisch. Auch die Beschriftungen zeigen sich oft sprachlich einseitig, was angesichts der Nähe zur deutschen Grenze ein bisschen befremdet.




Wirklich entzückend ist die umfangreiche Sammlung historischer Tretautos – nicht nur für Nostalgiker.



Ein echtes Highlight für Comicfans ist die aktuelle Sonderausstellung „En voiture avec Tintin“.

Tim, Struppi und ein belgischer Zeichner mit Weltblick
Zwischen den PS-starken Oldtimern im Automobilmuseum taucht plötzlich eine andere Art von Legende auf – mit blonder Haartolle, Spürsinn und einem treuen Vierbeiner an der Seite: Tim & Struppi.

Für alle, die sich fragen: „Tintin“ ist einfach Tims französischer Originalname – Struppi heißt dort übrigens „Milou“.
Die aktuelle Sonderausstellung „En voiture avec Tintin“ (noch bis 11.11. 2025) zeigt, wie die beiden Comicfiguren durch die Jahrzehnte auch stilistisch mit Fahrzeugen verbunden waren – ob zu Wasser, zu Land oder quer durch die Wüste.








Erschaffen wurden die beiden vom belgischen Zeichner Georges Remi, der unter dem Künstlernamen Hergé berühmt wurde – eine Abkürzung, die schlicht seine Initialen RG (rückwärts gesprochen) widerspiegelt. Hergé war ein Perfektionist, der seine Abenteuer akribisch recherchierte und mit politischen, kulturellen und manchmal überraschend kritischen Zwischentönen versah. Dass seine Comics heute als Klassiker gelten, liegt nicht nur am nostalgischen Stil, sondern an dieser Mischung aus Witz, Weltwissen und den wunderbar absurden Nebenfiguren wie Kapitän Haddock oder Professor Bienlein.





Wer mag, kann im Shop des Museums tief in die Fanwelt abtauchen (und in die Tasche greifen) : von Büchern über Poster, Tassen, T-Shirts, Figuren bis hin zu Modellautos aus den Abenteuern. Aber Achtung! Ob Rakete, Auto oder Zug: in den XL Versionen legt man da schon bis 2000 Euro hin!
Fazit: Eine gelungene Verbindung aus klassischer Oldtimerschau und zeitlich begrenzter Comic-Kultur – überraschend stimmig, historisch wie stilistisch.
Parken kann man bequem für 4 € auf dem großen Parkplatz direkt vor dem Museum.
Der Eintritt liegt bei 18 € pro Erw. Auch online buchbar – allerdings nur auf Französisch. C’est la vie.🤷♀️
Downtown Mulhouse
Angestachelt von der Werbung des Tourismee Mulhouse:
„IN MULHOUSE IST STREET ART ÜBERALL!An der Ecke jeder Gasse oder fast jeder Gasse ist die Kunst an den Wänden von Mulhouse allgegenwärtig!“
machten wir uns zu Fuß auf in Richtung des (überschaubaren) historischen Stadtkerns und suchten und suchten…







… aber fanden in der Innenstadt neben wenigen kleinen Bemalungen gerade mal zwei größere Murale.



Das Projekt Le MUR entpuppt sich als eben das: eine einzige Wand. Keine Streetart-Meile, keine bunte Gasse – nur eine Einzelerscheinung mit Wechselbespielung.

Auf dem Rückweg stolperten wir noch über Albert Schweitzer.
Vielleicht waren wir zur falschen Zeit am falschen Ort, aber ohne gezielte Führung oder Recherche bleibt die Streetart-Szene von Mulhouse schwer auffindbar.

Hier überlegten wir kurz: Ist das Kunst oder kann das weg?

Zurück in Feldkirch gönnten wir uns in der Genussfabrik ausgezeichnete Salatkreationen.

Das Lokal liegt unscheinbar versteckt im Industriegebiet.
Danach schliefen wir im Landhotel Bohrerhof wie Murmeltiere.
450 Oldtimer, über 13.000 Schritte und ganze zwei Murale hatten uns komplett geschafft. 🥱😮💨😴









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